Von Schmelzöfen & Kupferbüchsen

Das Hotel Gisserhof steht auf geschichtsträchtigem Boden – genau dort, wo sich einst die „Schmelze von Arzbach“ befand. In dieser Schmelzhütte wurde jahrhundertelang jenes Erz verarbeitet, das man im rund 20 Kilometer entfernten Prettau abbaute. Daraus gewonnen wurde Kupfer, das im hintersten Ahrntal wahrscheinlich bereits im 2. Jahrtausend v. Chr. aus den Bergen geholt worden war. Darauf deuten archäologische Funde, insbesondere ein 1864 entdecktes Bronzebeil, hin. Nachweisen lässt sich der Bergbau in Prettau mit Beginn des 15. Jahrhunderts anhand von zwei Kanonen (Büchsen), die der Innsbrucker Büchsengießer Meister Christoph im Auftrag des Tiroler Landesfürst Friedrich IV (1382–1439) anfertigte, der mit dem Adel im Clinch lag. Für den Guss der Kanonen wurde – so wissen die Quellen – „Tauferer Kupfer“ verwendet.

Den Bergwerksleuten im Nordtiroler Schwaz war der Kupfer aus Prettau ein Dorn im Auge: zu gut war seine Qualität, zu stark die Konkurrenz. 1479 brachten die Schwazer den damaligen Landesfürsten Erzherzog Sigmund dazu, das Prettauer Kupferbergwerk zu schließen. Doch das Aus war von kurzer Dauer. Bereits 1490 wurde das Bergwerk wieder eröffnet. In dieser Zeit tauchten auch die ersten Namen der Bergwerksinhaber auf: Die Familie der Freiherrn von Welsberg erwarb ab 1504 erste Anteile und baute sie so lange aus, bis Karl von Welsberg 1560 schließlich zum Alleingewerken wurde. Später ging das Prettauer Bergwerk durch Vererbung an die Familie Wolkenstein-Rodenegger über, in deren Besitz es drei Generationen lang blieb.

Im Jahre 1676 übernahmen einige Mitglieder der Brunecker Kaufmannsfamilie Wenzel und der Schwazer Metallhändler Georg Tannauer die Führung des Prettauer Bergwerks zu gleichen Teilen. Beide Gewerkenfamilien wurden später geadelt: die Wenzel als Freiherrn von Sternbach und die Tannauer als Grafen von Tannenberg. Die Eigentumsverhältnisse blieben so lange unverändert, bis die Grafen von Tannenberg im Jahre 1846 in männlicher Linie ausstarben und die Schürfrechte in Erbfolge an die Grafen von Enzenberg übergingen. Diese wurden ab 1885 alleinige Besitzer des Bergwerks in Prettau.

Anfangs wurde das gewonnene Erz in Prettau selbst verhüttet und die dazu erforderliche Holzkohle ebenfalls dort gebrannt. Dies führte dazu, dass der ohnehin schmale Waldgürtel der Gegend stark abgeholzt wurde. Die Folge: Kaum ein Haus im hinteren Ahrntal war mehr vor Lawinen sicher. Deshalb verlagerte man die Schmelzhütten ab 1550 mehr und mehr talauswärts: nach St. Peter, Steinhaus und St. Johann, in die Schmelze am Arzbach. Bis zu 20 Kilometer weit wurde das Erz aus Prettau transportiert, im Winter mühsam auf Schlitten gezogen. Ab 1757 war die Schmelze Arzbach die einzige des Tals, bis sie gut hundert Jahre später, 1878, von einer Mure (im Ahrntaler Dialekt „Gisse“ genannt) verwüstet wurde. In der Folge kam das Schmelzwerk wieder nach Prettau zurück, wo seine Ruinen noch heute besichtigt werden können.